Nur wenn du improvisieren kannst, hast du musikalische Freiheit.
Und der einzige und einfachste Weg, musikalische Freiheit zu erlangen, ist zu improvisieren.
Aber warum schaffen diesen Schritt gefühlt nur auserwählte Hobby-Gitarristen?
Haben sie mehr Begabung? Bessere Lehrer?
Nein. Diese Faktoren können dabei helfen, ganz klar. Aber es sind nicht die Schlüsselfaktoren.
Die einzig wahren Faktoren liegen in uns selbst. Unsere Gewohnheiten und unsere Einstellung.
Wir sind das Produkt unserer Übungsroutine. Und unserer Einstellung zur Musik.
Die gute Nachricht ist, dass wir solche Einstellungsfehler sofort korrigieren können.
Alles, was du dafür brauchst, ist Aufgeschlossenheit und ein wenig Engagement.
Hier kommen nun die häufigsten Fehler, die Anfänger beim Improvisieren lernen auf der Gitarre machen und wie du sie sofort beheben kannst.
1) Theorie über alles
Wenn wir zum ersten Mal mit dem Improvisieren beginnen, sind wir mehr oder weniger bereits mit Musiktheorie belastet oder auch überladen.
Tonleitern, Akkordsymbole und andere theoretische Konzepte überschwemmen unser Gehirn. Wir vertrauen auf die geltenden «Regeln» und setzen darauf, dass Tonleitern und Theorie unsere Rettung sein werden.
«Dank der Theorie werde ich so improvisieren, wie ich es will. «
Naja, leider ist die Theorie aber nur ein Teil des ganzen Puzzles.
Ein Teil, der andere wesentliche Teile wie Gehörbildung, Harmonie, Melodien und noch viel mehr unterstützt und erklärt.
Darum: Sieh die Theorie als einen Rahmen, der dir bei der Beantwortung der Frage »warum?« hilft.
Warum folgt dieser Akkord diesem anderen Akkord?
Warum klingt dieser Ton schräg?
Warum klingen diese Akkorde nacheinander so gut?
Die Theorie liefert uns den logischen Grund dafür. Aber Theorie ist nicht das Mittel, mit dem man improvisiert.
Anstatt Musiktheorie zum Improvisieren zu nutzen, nutze sie, um das Warum hinter den Klängen und den Beziehungen zu verstehen.
Ohne den Soundteil Ist Theorie nur Mathematik. Und beim Improvisieren geht es nicht darum Mathe zu machen.
Um die Theorie auf eine musikalische Art und Weise anzuwenden, die deinen musikalischen Ausdruck unterstützt, musst du mehrere Dinge im Hinterkopf behalten.
Lerne die Theorie anzuwenden, ohne darüber nachzudenken.
Beim Lernen gibt es immer Dinge, die du einfach wissen musst. Wenn du zum Beispiel lernst, wie man multipliziert, erhältst du durch das auswendig Lernen der 1 x 1 Tabellen ein praktisches Wissen über das du nicht mehr nachdenken musst.
Beim Improvisieren ist es ähnlich.
Es gibt einige grundlegende Zusammenhänge, mit denen das Improvisieren einfacher ist, sobald du sie im Kopf verinnerlicht hast.
Lerne Musiktheorie zu hören. Theorie ist nur eine mentale Übung, Wenn sie nicht mit Klang verbunden ist. Die meisten Anfänger verbringen die ihre Zeit mit Konzepten der Musiktheorie und sehr wenig damit, ihr Gehör zu trainieren.
Konzentriere dich darauf, von deinen Helden zu lernen. Anstatt in der Theorie zu versinken, sauge alles von deinen Lieblingsgitarristen auf.
Es ist kein Geheimnis: Das Transkribieren wird aus einem bestimmten Grund als der direkteste Weg angepriesen, das Improvisieren zu lernen.
Wenn du von deinen Helden lernst, besteht dein Ziel darin, deren Sprache, Intuition und Perspektive in dein Spiel zu integrieren.
2) Musik im Kopf nicht beachten
Eine der grössten Nebenwirkungen, wenn du die Theorie über alles andere stellst: Du schenkst der Musik, die in deinem Kopf vorgeht kaum noch Aufmerksamkeit.
Beim Improvisieren geht es doch darum, die eigene innere musikalische Stimme durch die Gitarre auszudrücken.
Um improvisieren zu können, solltest du lernen diese musikalischen Informationen in deinem Kopf mit deinen Fingern zu verbinden. Damit du sie spontan anwenden kannst.
Genauso wie du in einem Gespräch einfach spontan sprichst und interagierst.
Das Endziel ist, dass deine innere musikalische Stimme in deinem Kopf deine Improvisations-Phrasen bereits singt und sie dann auf natürlicher Weise von deinen Fingern gespielt werden.
Als ob in deinem Kopf ein Radio wäre, das konstant läuft.
Du hörst diesem Radio zu und spielst dann, was du gehört hast.
Und wie entwickelst du dieses innere Radio?
Je eher du damit beginnst, Melodien, Akkordfolgen und Rhythmen herauszuhören, desto besser wird dein inneres Radio.
Und dann, ja, ich weiss, viele werden jetzt die Augen verdrehen, aber versuche jeden Tag ein bisschen zu singen.
Auch wenn deine Stimme schlechter als die von Yoko Ono ist.
Meine Stimme ist auch nicht zu gebrauchen. Aber es hilft trotzdem ungemein. 😉
3) Anstrengung vermeiden
Du suchst nach einer Abkürzung?
Dann, viel Glück!
Diese Tatsache wird dich auf ewig zurückhalten.
Anstrengung ist die Voraussetzung, damit alles was du lernst dauerhaft in deinem Kopf gespeichert wird.
Der Schlüssel zu diesem dauerhaften Behalten und Erinnern ist der Aha-Moment.
Es ist dieser Moment, der nach stunden-, wochen- und monatelanger Anstrengung wie ein Blitz in dein Gehirn einschlägt.
Diese Momente nisten sich sowohl intellektuell, als auch emotional in unser Gerhin ein.
Einprägsame Erlebnisse lassen sich leichter speichern und abrufen.
Und wenn du der Anstrengung aus dem Weg gehst, dann hast du solche unvergesslichen Momente einfach nicht mehr.
Hör auf in Büchern oder bei Lehrern nach Antworten zu suchen und stelle dich der Herausforderung zu transkribieren und dich als Musiker weiterzuentwickeln.
Sobald du frustriert bist, dann lauf nicht weg, sondern erkenne, dass dies der Moment ist, in dem du beginnst zu kämpfen.
Es ist deine Chance dauerhaft etwas zu lernen und grossartige Fortschritte zu erzielen.
4) Nicht experimentieren
Anfänger beim Improvisieren auf der Gitarre machen das selten: Experimentieren.
Jedes Mal, wenn du mit dem Üben beginnst, solltest du das Gefühl haben ein neues Rätsel zu lösen.
So wie ein CSI Detective in deiner Lieblingsserie.
Eine explorative Denkweise ermöglicht dir, auf Lösungen und Perspektiven zu stossen, von denen du gar nicht wusstest, dass sie existieren.
Und genau diese Einstellung sorgt dafür, dass das Lernen Spass macht, kreativ und interessant bleibt.
Und wie entwickelst du eine solche Denkweise?
Lerne, dein eigener Lehrer zu sein. Wenn du 10 verschiedenen Leuten eine Frage stellst, wie man etwas macht, erhältst du meistens 10, wenn nicht 11 verschiedene Antworten.
Beim Gitarre lernen ist das nicht anders. Denn jeder hat seine eigene Herangehensweise.
Lerne dein eigener Lehrer zu sein, dann kannst du alle Infos, Ratschläge und Meinungen, die du sammelst, nutzen und zu deinen eigenen Schlussfolgerungen kommen.
Und dann erfinde einfach Dinge. Alle grossen Musiker haben schon früh in ihrer musikalischen Entwicklung damit begonnen, sich Dinge auszudenken.
Jedes Solo, das du transkribierst, jede Phrase, an der du gerade arbeitest, jede Melodie, die du lernst, mach deine eigenen Übungen daraus. Entwickle sie weiter und verpasse ihnen deine eigene Note.
5) Eigene Individualität unterschätzen
Als Anfänger auf der Gitarre ist es schwierig, sich selbst musikalisch anzuerkennen, vor allem beim Improvisieren.
Denn du bist noch weit davon entfernt, dein Instrument so zu spielen, wie du es gerne möchtest.
Aber auch in diesem Stadium: Deine körperliche, emotionale und spirituelle Individualität plus deine Erfahrung, all die einzigartigen Dinge, die dich ausmachen, tragen zu deiner musikalischen Stimme bei.
Behalte bei deiner Weiterentwicklung als Musiker deine Individualität im Hinterkopf. Auch wenn du noch nicht so lange Gitarre spielst,
Du wirst Melodien und Soli von Gitarristen heraus, die du liebst.
Du wirst dir vorstellen, Gitarre so zu spielen, wie du es spielen möchtest.
Lass einfach zu, dass dein Musikgeschmack, dein Klang und deine charakterlichen Eigenheiten deine Ziele beeinflussen.
6) Anderen Instrumente nicht zuhören
Es dreht sich nicht nur alles um dich und deine Gitarre.
Viele Improvisations-Anfänger spielen oft neben und nicht mit dem Backing Track oder der Band.
Das hört man auch ziemlich schnell.
Das Einfachste, das du tun kannst, um sicherzustellen, dass du mit der Band spielst, ist:
Folge dem Schlagzeug. Hör dem Schlagzeug zu.
Klinke dich in den Groove ein. Lass deine unendlichen Phrasen mal links liegen. Groove mit einem einzigen Ton mit dem Schlagzeug mit.
So einfach erstellst du die Verbindung zum Rest der Band. So fügst du dich am einfachsten in den musikalischen Kontext ein.
Die Herausforderung dabei ist, dem Rest der Band zuzuhören und gleichzeitig weiterhin auf sich selbst zu hören und deine Improvisation so zu entwickeln, wie du es möchtest.
Du kannst dich aber darauf vorbereiten.
Wie?
Indem du eine Aufnahme nimmst und du daraus ein kleines Spiel machst.:
Beim ersten Refrain hörst du auf die Gitarre, beim zweiten Refrain hörst du nur auf den Bass, beim dritten nur auf das Schlagzeug und so weiter, bis du jedes Instrument einzeln angehört hast.
Danach kannst du versuchen, deine Aufmerksamkeit auf Instrumenten-Paare zu richten:
Schlagzeug und Bass gleichzeitig zu hören und so weiter.
Lass es zu deiner Gewohnheit werden. Höre immer den anderen Instrumenten zu.
7) Rhythmus und Melodie den Rücken kehren
Harmonie ist nur ein Teil der Musik. Ebenso wichtig sind Rhythmus und Melodie.
Vor allem der Rhyhtmus wird von Gitarristen oft als eine lästige Angelegenheit behandelt.
Das wirkt sich logischerweise auf die ganze Improvisation aus.
Was kannst du dagegen tun?
So wie du Melodien und Akkorde heraushörst und transkribierst, kannst du das auch Für Rhythmen machen.
Versuch doch mal, die spezifischen Rhythmen eines Solos zu transkribieren. Nicht nur die Töne, sondern wirklich die Rhythmen.
Dasselbe kannst du mit Akkordfolgen tun und die Schlagmuster zum Beispiel heraushören.
Und bei den Melodien?
Wird die Phrasierung häufig vernachlässigt Harmonie ist wichtig, aber mach nicht den Fehler und denke, sie sei wichtiger als Rhythmus und Melodie.
Entwickle alle drei und du und dein Publikum werdet euch bei deinen Improvisationen nie langweilen.
8) Alles richtig machen wollen
Gib dir die Lizenz zum Scheitern.
Versuche beim nächsten Mal absichtlich so schlecht wie möglich zu improvisieren und beobachte dich dabei.
Kommt da nicht ein Grinsen zum Vorschein? Das Ganze wird doch aufgelockert und am Schluss kommt dabei noch deine beste Performance heraus.
Wieso das so ist?
Du gehst nicht mehr angespannt an die Sache ran. Der ganze Druck, den du dir selbst gemacht hast, verfliegt. Ich habe es ausprobiert und es funktioniert wirklich.
Und wenn du mir nicht glauben möchtest, dann frag mal Victor Wooten, der das ständig mit seinen Schülern macht: «Let’s have a bad playing competition», sagt er seinen Schülern und «trickst» so seine Schüler zum besseren Improvisieren aus.
Niemand ist perfekt und selbst Profis machen immer noch Fehler. Sei also nicht zu streng mit dir.
Erkennst du dich wieder in diesen häufigen Fehlern, die Anfänger beim Improvisieren auf der Gitarre machen? Dann lass gerne dazu einen Kommentar da.
Dein Gitarrenjunkie
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